Der Preis für die beste Qualifikationsarbeit des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Zukunftsforschung geht 2024 an Dr. Naomi Shulman.

Zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der zukunftsorientierten Forschung prämiert das Netzwerk Zukunftsforschung einmal im Jahr herausragende Masterarbeiten.

Teilnahmebedingungen für 2025

Berücksichtigt werden Masterarbeiten aller Fachrichtungen insbesondere der Zukunftsforschung, sofern sie sich mit einer explizit auf die Zukunft bezogenen Frage- oder Problemstellung befassen und diese wissenschaftlich bearbeiten. Das auf die Zukunft gerichtete Forschungsinteresse kann sich also an verschiedenen Themenfeldern oder Gegenständen festmachen. Entscheidend ist, dass in der Untersuchung Zukunftsaussagen wissenschaftlich erstellt, analysiert und/oder kritisiert werden. Die Arbeiten müssen bereits begutachtet und mit einer Gesamtnote von 1,7 oder besser bewertet worden sein. Die Begutachtung darf nicht länger als 2 Jahre her sein. Arbeiten können laufend eingereicht werden. Einsendeschluss für den laufenden Wettbewerb ist der 18. Mai 2025. Es gilt das Datum des Poststempels.

Die Masterarbeit soll in deutscher Sprache verfasst und an einer Hochschule im deutschsprachigen Raum begutachtet worden sein. Ausnahmen sind in begründeten Fällen möglich, z. B. wenn eine Arbeit an einer Hochschule im deutschsprachigen Raum in englischer Sprache abgegeben wurde.

Die Begutachtung und Bewertung der eingereichten Arbeiten erfolgt durch eine Jury, der mehrere Mitglieder des Netzwerk Zukunftsforschung angehören. Es können nur Masterarbeiten berücksichtigt werden, die zu diesem Zweck beim Netzwerk Zukunftsforschung eingereicht werden.

In der Postsendung müssen enthalten sein:

  • ein Abstract der Arbeit und Begründung für die Einreichung;
  • ein kurzer Lebenslauf der Verfasserin bzw. des Verfassers;
  • eine Kopie des Zeugnisses, aus dem die Bewertung der Masterarbeit hervorgeht;
  • eine gedruckte Ausfertigungen (einfache Heftung oder Bindung ist ausreichend) an die Postadresse (s.u.);
  • die zuvor genannten Dokumente in elektronischer Form gespeichert auf einem entsprechenden Datenträger, d.h. CD/DVD/USB-Stick…

Postadresse:
FH-Prof. Dr. Elmar Schüll
Fachhochschule Salzburg
Forschungsgruppe
Innovation und Gesellschaft
Urstein Süd 1
5412 Puch/Salzburg
Österreich 

Die Ausschreibung für den Nachwuchspreis 2025 kann als pdf-Dokument hier heruntergeladen werden.

Frühere Preisträger:innen

Dhenya Schwarz, 2018

Zur neuen Tiefenschärfe des vermessenen Selbst im Kontext der Digitalisierung
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Abstract

Auch wenn die gegenwärtig verbreiteten Anwendungen der Selbstvermessung vermehrt im Bereich Fitness, Gesundheit und Wellness zu verorten sind, geht das Prinzip bzw. das Potenzial der digitalen Selbstvermessung weit darüber hinaus. Alles um das Selbst ist prinzipiell vermessbar, in Daten zu übersetzen und damit potenzielles Ziel der Quantifizierung. Aus dem zunehmenden Absatz wie auch der Nachfrage nach digitalen Selbstvermessungstechnologien, der Bildung von Bewegungen wie Quantified Self und der Pluralität der Anwendungsmöglichkeiten ergibt sich ein kontroverses Feld verschiedenster Stakeholder und Einzelanwender*innen mit höchster Relevanz für Konzepte der Subjektivierung. Ob diese Konzepte langfristig noch funktionieren oder sich die auf Statistiken basierende Form der modernen Subjektivierung durch die Singularisierung auflöst und höchst einzigartige, nicht vergleichbare Lebewesen hinterlässt, wird hier soziologisch untersucht. Den Fragen soll mit zweierlei Ansätzen nachgegangen werden: Die Konzepte der Gouvernementalität nach Foucault bieten eine weite Wissensbasis und etablierte Ansätze zum Umgang mit Zahlen, Statistiken und Daten im Hinblick auf Individuum und Gesellschaft. Dem gegenüber steht Kucklicks Konzept der granularen Gesellschaft, welches eine Auflösung aktueller sowie die Bildung neuer gesellschaftlicher Strukturen ankündigt. Über die Darstellung der technischen Möglichkeiten wie auch (utopischer) Zukunftsvisionen der Nutzer*innen-Avantgarde und die soziologische Analyse zeigt sich schließlich: Trotz des nicht zu unterschätzenden disruptiven Potenzials individualisierter Digitaltechnologien ist keine Auflösung basaler Gesellschaftsstrukturen abzusehen, die Prozesse der Subjektivierung sind weiterhin mit den Ansätzen der Gouvernementalität erfassbar. Somit kann die aktuelle Entwicklung hier eher als neuer Höhepunkt der statistischen Wissensproduktion beschrieben werden. Durch die Aufklärung gesellschaftlicher Dynamiken und die Avisierung möglicher zukünftiger Konsequenzen leistet der soziologische Ansatz einen Beitrag zur gesellschaftlichen Diskursanalyse und generiert damit potenzielles Zukunftswissen für einen Umgang mit individualisierten Digitaltechnologien auf politischer, organisationaler wie auch individueller Ebene.

Dodo Vögler, 2020

Utopisches Denken in der Politikpraxis: Eine explorative Untersuchung
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Abstract

Diese Arbeit befasst sich mit den möglichen Potenzialen von Utopien und utopischem Denken für eine kreative Politikgestaltung. Vor dem Hintergrund steigender Unsicherheiten und einer sich stetig verändernden Umgebung, wird die Politik zunehmend mit Zukunftsfragen konfrontiert, die sich nicht allein mit einer Strategie des ‚weiter wie bisher‘ bewältigen lassen. Inwieweit ließe sich utopisches Denken in den Policy-Making Prozess integrieren und welche Chancen und Hindernisse würden sich daraus ergeben? Die Basis dieser Arbeit bilden Interviews mit Experten und Expertinnen aus Politik und Politikberatung. Deutlich wird, dass utopisches Denken politische Entscheidungen beeinflusst, allerdings nie ersetzen kann. Utopien enthalten Kritik und zeigen Bedürfnisse und Möglichkeiten auf. Durch ihre richtungsweisende Funktion können sie unser Entscheiden und Handeln leiten und als Antrieb politischer Debatten genutzt werden.

Matthias Koning, 2021

Heteronormative Spuren und queer-inklusives Denken in Zukunftsbildern von städtischem Leben
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Abstract

Die vorliegende Forschungsarbeit legt offen, inwiefern Zukunftsbilder von Stadt heteronormativ geprägt sein können. Zukunftsbilder von Stadt reproduzieren gegenwärtige, implizite Normierungen. Werden diese nicht explizit hinterfragt, können Zukünfte von Stadt stillschweigend heteronormative Annahmen abbilden, die von der Dominanzgesellschaft als unveränderbar markiert sind. Diese schränken die Entwicklung alternativer Zukünfte ein. Als Untersuchungsgegenstand wurden Zukunftsbilder von Stadt analysiert, die im Futurium in Berlin ausgestellt sind. Queere Personen wurden in einer Gruppendiskussion mit den Ausstellungsartefakten konfrontiert. Ihre Äußerungen wurden mit einer strukturierenden Inhaltsanalyse qualitativ ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass sich queere Personen in den präsentierten Zukunftsbildern von Stadt nicht wiederfinden konnten. Es wurden sieben Themenkomplexe herausgearbeitet, die aus einer queeren Perspektive in den Zukunftsbildern durch die Grenzen von heteronormativem Denken limitiert sind. Weiterhin konnten queere Prozesse der Aneignung und queere Räume aufgezeigt werden, mit deren Integration die Zukunftsbilder queer-inklusiver gestaltet werden könnten. Queere Personen sollten strukturell in Entstehungsprozesse von Zukünften von Stadt integriert sein. Dies gilt auch für andere marginalisierte Personengruppen.

Louisa Kastner, 2023

Reframed Futures als kontrafaktischer Kontext transformativen Lernens. Eine kritische Reflexion zu Konstruktionsmöglichkeiten und Gestaltungsprinzipien des Reframe in Futures Literacy Laboratories
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Abstract

Diese Arbeit entwickelt theoriegeleitet Konstruktionsmöglichkeiten und Gestaltungsprinzipien für den Reframe, die übergreifend für Futures Literacy Laboratories (FLL) gelten. Aus didaktischer Perspektive bildet der Reframe innerhalb von FLL den Dreh- und Angelpunkt zur Erlangung von Futures Literacy (FL) als die Fähigkeit, sich multiple Zukünfte vorzustellen: Der Reframe soll FLL-Teilnehmende einladen, ihre antizipatorischen Routinen zu überwinden und ihre Vorstellungskraft auszuweiten, indem sie mit einem fremden, weder wahrscheinlichen noch wünschenswerten, Zukunftsbild konfrontiert werden. Trotz der zentralen Rolle des Reframe in der Befähigung zu FL fehlt bisher eine Systematik zu seiner praktischen Erzeugung. Das Untersuchungsziel liegt daher in der kritischen Auseinandersetzung mit dieser Forschungslücke und dem Versuch, grundsätzlich geltende Regeln für die Reframe-Erzeugung zu identifizieren. Hierfür werden mit der transformativen Lerntheorie und der kontrafaktischen Geschichtsschreibung zwei komplementäre Theorieblöcke befragt, die sich für ein tieferes Verständnis des Reframe als relevant erwiesen haben. Die transformative Lerntheorie fundiert die real ablaufenden, zum Teil erschütternden Prozesse, die Teilnehmende in FLL durchlaufen. Die kontrafaktische Geschichtsschreibung wiederum bietet Sprungbretter für die konkrete Konstruktion von Gedankenexperimenten jenseits geltender Konsense im Nachdenken über Zukunft. Mithilfe der befragten Theorien kann ein idealtypisches Ordnungsschema erarbeitet werden, das dem Facilitator von FLL eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Reframe-Erzeugung bietet, dabei eine explizite Teilnehmendenorientierung sichert und gleichzeitig Riel Millers voraussetzungsvolle Forderung nach einer nicht-deterministischen Nutzungsweise von Zukunft übersetzt.

Dr. Naomi Shulman, 2024

Krisenzeiten. Wie ein soziopolitisches Krisennarrativ Zukunft entwirft. Eine Analyse der ersten „Rede zur Zeitenwende“
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Abstract

Diese Arbeit analysiert den Krisenbegriff und seine Bedeutung für den soziopolitischen Denkrahmen von Zukunftsvisionen. Einführend untersucht die Arbeit die Implikationen des Krisenbegriffs und beschreibt, wie dieser in öffentlichen Narrativen besondere Wirkmacht entfaltet. Eine hermeneutische Interpretation der ersten „Rede zur Zeitenwende“, in der Olaf Scholz die zukunftsprägenden Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine adressiert, veranschaulicht sowohl die Chancen als auch die Probleme eines auf dem Krisenbegriff gründenden Zukunftsentwurfs. Insbesondere zeigt die Interpretation auf, dass Scholz den Krisenbegriff als ‚Zeitenwende‘ neu formuliert, um so die erfolgreiche Bewältigung der Krise narrativ vorwegzunehmen und zu suggerieren, dass die Zukunft nach der Krise sowohl im normativen als auch im epistemischen Sinn gesichert ist.

Die vorliegende Arbeit verfolgt zwei wesentliche Ziele. Zum einen soll sie aufzeigen, inwiefern der Krisenbegriff den erkenntnistheoretischen Denkrahmen möglicher Zukünfte setzt und damit ein besonderes Zeitverständnis formt. Zum anderen soll sie die soziopolitischen Implikationen eines solchen krisengeprägten Zukunftsdenkens problematisieren. Als Behauptung einer bereits bewältigten Krise verdeutlicht das Narrativ der ‚Zeitenwende‘ einerseits, dass Zukunftssicherheit – in Form einer einzig möglichen und einig gewünschten Zukunft – zur legitimierenden Grundlage nationaler Deutungshoheit und politischer Handlungsmacht wird. Andererseits blendet ein solches Narrativ, das zukunftssichere Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit als Antwort auf die Krise betont, alternative Zukunftsentwicklungen nicht nur aus, sondern lässt sie sogar undenkbar werden. Abschließend reflektiert diese Arbeit deshalb kritisch die Grenzen des Denkrahmens öffentlich wirkmächtiger Narrative, welche die Krise zum Ausgangspunkt eines Zukunftsentwurfs im Namen einer bestimmten und einigen Gemeinschaft machen.